Wenn
der deutsche Konsument seine Einkäufe erledigt, dann macht
er das gern „qualitäts”- und „preisbewusst”,
wie es heißt. Damit gemeint ist wahrscheinlich das Vergleichen
von Qualität und Preis gleicher bzw. ähnlicher Waren
bei verschiedenen Anbietern, verschiedenen Supermärkten,
Elektrofachmärkten, etc.
Zumindest
im Bereich der Elektrofachmärkte hält sich dieser Aufwand
in Grenzen, wo es doch lediglich gerade einmal zwei Ketten sind,
die sich die Marktführerschaft teilen: die eine, laut deren
aggressiver Werbung „man doch nicht blöd” sei,
und die andere Kette, laut deren ebenso aggressiver Werbung „Geiz
geil” sein soll.
Jedoch: der Schein trügt. Tatsächlich handelt sich eben
nicht um zwei Ketten, die konkurrieren, sondern es handelt sich
um ein- und dieselbe Holding, die lediglich nach außen zwei
Ketten scheinbar konkurrieren lässt. Ob hier gekauft
wird oder dort... das Geld landet letztlich in derselben Kasse.
Ein
klein wenig, doch nicht bedeutend anders verhält es sich
bei den scheinbar Dutzenden verschiedener Supermärkte und
so genannter Discounter, die ebenso nur zum Schein mit- bzw. gegeneinander
konkurrieren. Tatsächlich sind es gerade einmal fünf/sechs
Handelskonzerne, die den Markt unter sich aufteilen, und zum Teil
auch noch miteinander kooperieren. Der „preisbewusste”
und -vergleichende Konsument, der sich zu diesem Zweck mit dem
Taschenrechner in der Hand durch etliche Werbeprospekte wühlt,
lässt sich also von A über B nach C schicken, um „clever
zu sparen”, tatsächlich jedoch... für dumm verkauft
zu werden.
Genau so,
wie im Falle der so genannten „No Name”-Produkte,
bei denen es sich tatsächlich um Markenware handelt. Von
Süßigkeiten und Milcherzeugnissen über Babynahrung
und abgepackte Wurst bis zur Tiefkühl-Pizza: in ein- und
derselben Fabrik hergestellt, in identischer Qualität, nur
lediglich unterschiedlich verpackt und zu unterschiedlichen Preisen.
Der Konsument: so oder so für dumm verkauft.
Natürlich:
es ist für den „mündigen Bürger” durchaus
möglich, dass alles selbst herauszufinden. Zum Beispiel,
indem er per Internet recherchiert und/oder direkt vor Ort im
Supermarkt auf den Verpackungen Vergleiche von Herstellungsort,
Veterinärkontrollnummer und Genusstauglichkeitskennzeichen
(u.v.a.) vornimmt. Allerdings stellt sich die Frage, warum der
Konsument verhindern muss, für dumm verkauft zu werden -
und nicht verhindert wird, dass er das verhindern muss(?).
Andere Fälle
von Volksverdummung lassen sich jedoch weder per Recherche, noch
durch Vergleiche aufdecken, sondern bedürfen stark erhöhter
Aufmerksamkeit und der Fähigkeit, „zwischen den Zeilen”
lesen zu können. So ist beispielsweise auf der Website eines
Elektronik-Konzerns folgender Text veröffentlicht:
„Die
Verpackung unseres neuen XY-Computers ist jetzt um bis zu 39%
kleiner. Dies ist einer unserer Beiträge zum Umweltschutz:
So passen mehr Produkt-Kartons auf eine Versandpalette und damit
auch in jedes Schiff und Flugzeug. Dies wiederum bedeutet einen
geringeren Bedarf an Schiffen und Flugzeugen und damit auch weniger
CO2-Ausstoß. So hat eine kleine Veränderung eine große,
positive Auswirkung auf unsere Umwelt”.
Zwischen
den Zeilen und unter der glänzenden Oberfläche liest
sich das Ganze jedoch folgendermaßen: weniger Verpackung
bedeutet für den Hersteller weniger Material- und Transportkosten;
und damit... mehr Gewinn - schließlich werden die Computer
trotz der aufgezählten Kostenersparnisse um keinen Cent preiswerter.
Hier werden reines Effizienzdenken und Gewinnmaximierung als „Beitrag
zum Umweltschutz” deklariert und Menschen wieder einmal
für dumm verkauft.
Noch ein
kleines Stückchen tiefer unter der Oberfläche wird erkennbar,
wie dieser Konzern vielmehr einige (wirtschaftliche) Folgeschäden
produziert. Denn: „weniger Verpackung” bedeutet weniger
Bedarf an Papier und/oder Kunststoff, wodurch der Papier- und
Kunststoffindustrie Aufträge verloren gehen, und „weniger
Schiffe und weniger Flugzeuge” bedeuten weniger Aufträge
an Logistikunternehmen - dort überall sinkt die Auslastung
und schrumpfen die Gewinne, woraufhin dort überall Mitarbeiter
entlassen werden müssen, womöglich ganze Standorte schließen
und ganze Kommunen mitbetroffen sind.
Eine
besonders dreiste Volksverdummung zielt auf Menschen ab, die „Gutes
tun” wollen, indem sie aufgetragene Kleidung in einen der
zahlreichen am Straßenrand aufgestellten Sammelcontainer
werfen: Es hält sich noch immer der Glaube, dass diese Container
das Deutsche Rote Kreuz oder die Caritas aufstellen, weil darauf
deren Logo prangt - während sie tatsächlich lediglich
ihr Logo an kommerzielle Firmen gegen bares Geld vermieten(!)
und mit der Kleidersammlung ansonsten wenig zu tun haben.
Und es hält sich noch immer der Glaube, dass diese in bester
Absicht gespendeten Kleidungsstücke an bedürftige Menschen
verteilt werden - während sie tatsächlich in einem Millionengeschäft
nach Afrika verschifft und dort verkauft werden.
Vielleicht
nicht ganz so dreist, doch immer noch dreist genug ist die Ausnutzung
des so genannten „Umweltbewusstseins” der Menschen,
die dazu angehalten werden, ihren Müll fein säuberlich
zu trennen, und auch ihr Altglas schön farblich sortiert
und bitte ohne Blechdeckel in entsprechende Sammelcontainer zu
werfen.
Tatsächlich ist es nicht nur bereits seit rund 10(!) Jahren
problemlos möglich, dass die Mülltrennung vollautomatisch
erfolgt (u.a. „Trockenstabilatverfahren”), sondern
es dem einzelnen Haushalt zu überlassen, gilt ökonomisch
und ökologisch heute inzwischen längst als glatter Unfug.
Dass das dennoch weiterhin propagiert und praktiziert wird, beruht
- „natürlich” - darauf, dass auch hierbei enorme
Summen im Spiel sind, die einer „Lizenz zum Gelddrucken”
gleichen; Stichwort: „Grüner Punkt”. Woran nicht
zuletzt auch der Staat teilhaben will und die Verpackungsordnung
entsprechend gestaltet hat.
Wiederum
ein ganz eigener Fall für sich ist das, was in der Werbung
an Sprüchen geklopft und an Phrasen gedroschen wird - mitten
im so genannten „Bildungs- und Wissenszeitalter” eine
legitimierte flächendeckende Volksverdummung „zum Wohle
des Wirtschaftswachstums” - mittlerweile völlig widerspruchlos
zum „Kulturgut” erhoben.
Das
wären zum einen Adjektive, die vornehmlich in der Werbung
zum Einsatz kommen; was bereits an sich schon Grund genug wäre,
ein klein wenig nachdenklich zu werden. Als da beispielsweise
wären: „herzhaft”, „erfrischend”,
„leicht bekömmlich”, „sonnengereift”,
„zartschmelzend”, etc, etc. Beschreibungen, die wohl
kaum ein Mensch in seinem Alltag jemals verwendet. Umso schlimmer,
dass diese Seltsamkeiten dermaßen in völlige Selbstverständlichkeiten
übergegangen sind, dass sie für „ganz normal”
gehalten werden - mitten im „Zeitalter der Bildung und des
Wissens”.
Und das betrifft
(u.v.a.) ebenso...:
• „aus
kontrolliertem Anbau” bedeutet, das Gemüse wurde nicht
zufällig aufgefunden und/oder stammt nicht aus unkontrolliertem
Wildwuchs
• „ausgewählte
Zutaten” bedeutet, dass man für den Apfelsaft ganz
gezielt Äpfel ausgewählt hat, und nicht Birnen
• „für
eine bewusste Ernährung” bedeutet wohl, dass das Produkt
nicht im Zustand der Bewusstlosigkeit verzehrt werden sollte
• „dermatologisch
getestet” sagt leider nichts darüber aus, wie das Produkt
bei diesem Test denn eigentlich abgeschnitten hat
• „nach
dem Öffnen zügig aufbrauchen” ist die getarnte
Aufforderung, bitte nicht sparsam zu sein, sondern möglichst
schnell eine neue Packung zu kaufen
• „nur
in begrenzter Stückzahl” heißt, dass offenbar
nicht geplant ist, unendlich viele Stücke bis zum Tag des
Weltuntergangs zu produzieren, und/oder dass es technisch nicht
möglich ist, unendlich viele Stück herzustellen
• „nur
für kurze Zeit” bedeutet entweder, dass der „Weihnachtspudding”
mit Spekulatiusgeschmack spätestens ab Ostern nicht mehr
erhältlich sein wird, und/oder dass der Hersteller einen
kleinen Versuchsballon gestartet hat, um zu testen, wie das Produkt
ankommt, um es dann ggf. mit anderem Namen und deklariert als
„jetzt neu!” dauerhaft ins Sortiment zu nehmen
• „von
99% der Leserinnen der Zeitschrift XY empfohlen” bezieht
sich natürlich a) nur auf die paar Leserinnen, die an der
jeweiligen Umfrage überhaupt teilgenommen haben, sowie b)
sind die Antwortkarten mit negativer Meinungsäußerung
auf unerklärliche Weise leider auf dem Postweg verloren gegangen
• „geprüfte
Sicherheit” ist der Hinweis, dass man selbst Schuld ist,
falls bei der Anwendung etwas schief geht, und der Hersteller
jede Haftung ablehnt
• „erfolgsorientiertes
Konzept” verspricht leider keinen Erfolg, sondern lediglich
die grobe Orientierung daran
• „lösungsorientierte
Beratung” heißt, dass sich die Beratung zwar an Lösungen
orientiert, doch leider keine ermöglicht - vielleicht deshalb
nicht, weil eine Beratung sinnvollerweise problemorientiert
sein müsste, um eine Lösung zu finden
• „alle
Speisen frisch zubereitet” sagt leider nichts darüber
aus, wann sie frisch zubereitet wurden, und wie viele
Jahre lang das Ganze seit dem in der Tiefkühltruhe herumlag
Willkommen
im „Zeitalter der Bildung und des Wissens”.
Von diesen paar und etlichen weiteren Ausnahmen freundlich abgesehen.


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